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Hund erziehen I Warum Kommandos nicht deinen Hund erziehen

Hund erziehen ohne Kommandos

Beim Thema Hund erziehen glauben viele Hundehalter, dass Kommandos für einen gut erzogenen Hund sorgen. In jeder erdenklichen Situation werden Hundekommandos daher genutzt, um dem Hund zu zeigen, dass der Mensch die Situation bestimmt: Kommando Warte vor dem Fressnapf, Kommando Sitz vor dem An- und Ableinen und vor dem Verlassen des Hauses, Kommando Nein, wenn der Hund an der Leine zieht usw. Doch wie soll ein Hund lernen selbstständig mitzudenken, wenn er jeden Tag aufs Neue per Kommando gesagt bekommt, wie er sich richtig zu verhalten hat. Warum Kommandos in der Hundeerziehung häufig kontraproduktiv sind und wie der Hund Orientierung am Menschen lernt, erklären wir dir in diesem Artikel.

 

Hundeerziehung überdenken

Setze deine Prioritäten in der Hundeerziehung neu! Nutze weniger Hundekommandos und lege dein Hauptaugenmerk auf eine entspanntere Grundhaltung deines Hundes. Sobald dein Hund aktiv mitdenken darf, wird er automatisch innerlich immer ruhiger werden. Er lernt, selbstständig richtige Entscheidungen zu treffen und muss nicht mehr auf dein Kommando warten. Bei einem entspannten Hund ist es völlig egal, ob er sitzt oder steht, wenn du ihn anleinst, fütterst oder das Haus verlässt.

 

Hund erziehen – Sind Kommandos überflüssig?

Nein. Kommandos sind wichtig und auch hilfreich, sofern dein Hund durch das Kommando ansprechbarer für dich wird und sich auch nach Auflösen des Kommandos noch zu benehmen weiß. Ein Hund der vor Verlassen des Hauses innerlich aufgeregt SITZ macht und nach dem OK weiterhin aufgeregt in den Spaziergang startet, lernt durch das SITZ nichts. Kommandos dürfen also nicht mit Hundeerziehung verwechselt werden! Es gibt Hunde, die diverse Kommandos perfekt ausführen, aber im Umgang mit ihrem Besitzer dennoch total unerzogen sind. Solche Hund sind zwar gute Befehlsempfänger, allerdings sind sie nur bedingt in der Lage, selber mitzudenken.

Ein harmonischer und kooperativer Umgang zwischen dir und deinem Hund lässt sich nicht durch Hundekommandos befehlen. Er entsteht, während dein Hund aus deiner menschlichen Sicht heraus einen Fehler macht und du diesen Fehler nutzt, um deinem Hund eine erwünschte Alternative zu zeigen. Lass deinen Hund von dir lernen, sodass er in Zukunft ganz alleine die richtige Entscheidung treffen kann.

Merke! Hundekommandos, die du effektiv im Alltag nutzen möchtest, müssen zuvor ausreichend trainiert und von leicht zu schwer aufgebaut werden. Dies kann mehrere Wochen oder sogar Monate dauern. Nimm dir Zeit und setze die dir wichtigen Kommandos sparsam und vor allem gezielt ein!

Welche Kommandos im Alltag wirklich hilfreich sind, erfährst du im Artikel „4 sinnvolle Kommandos für den Alltag„.

 

Kommando Sitz ohne Lernerfolg

Nehmen wir mal die Haustür-Situation als Beispiel. Vor dem Öffnen der Haustür wird häufig das Kommando Sitz genutzt. Dies soll bereits im Vorfeld verhindern, dass der Hund Fehlverhalten zeigt, sprich ohne Einverständnis des Besitzers durch die Haustür läuft. Die meisten Hunde werden das Kommando Sitz auch ausführen, allerdings mit einer angespannten Grundhaltung. Sobald das Kommando aufgelöst wird, zerrt dich dein Hund, immer noch aufgeregt, durch die Tür. Was hat dein Hund dabei gelernt? Nichts.

Wie du mit deinem Hund bereits zu Hause entspannt in den Spaziergang startest, findest du im Beitrag „Hund zieht schon an der Haustür“.

Was aber, wenn die Haustür zufällig mal aufsteht? Dein Hund wird sich aufgrund deines vorherigen Trainings mit ziemlicher Sicherheit nicht von allein an die offen stehende Haustür setzen und dort auf dein „Ok“ warten. Die Haustür kann erst dann auch mal offen stehen, wenn dein Hund gelernt hat, dass die Haustür eine Grenze darstellt die nur mit dir zusammen übertreten wird.

 

Hund erziehen – Starte mit einer Bestandsaufnahme

Möchtest du deinen Hund erziehen und hast bisher viele Kommandos genutzt, so finde zuerst herau,s welchen Erfolg Kommandos bei deinem Hund derzeit haben. Notiere dir dafür alle Kommandos, die du im Umgang mit deinem Hund nutzt: Sitz, Platz, Bleib, Nein, Aus, Decke, Komm, Fuß, usw. Hinter jedem Kommando notierst du dir, in welchen Situationen du das Kommando nutzt, welches Ziel du dir davon versprichst und ob du dein Ziel tatsächlich erreichst.

 

Beispiele aus dem Alltag

Kommando: SITZ

Situation: Beim Anleinen im Flur und vor dem Verlassen der Wohnung.

Ziel: Dein Hund soll sich ruhig anleinen lassen und ruhig das Haus verlassen.

Derzeitiges Ergebnis: Dein Hund lässt sich zwar in der Sitz-Position anleinen, ist dabei aber dennoch angespannt. Nach dem OK startet dein Hund an straffer Leine in den Spaziergang.

 

Kommando: FUSS

Situation: Beim Trainieren der Leinenführigkeit.

Ziel: Eine lockere Leine.

Derzeitiges Ergebnis: Die Leine lockert sich lediglich für ein paar Sekunden und spannt sich danach wieder.

 

Kommando: NEIN

Situation: Dein angeleinter Hund sieht einen Artgenossen und blendet dich aus. (Schau dir dazu unseren Beitrag „Ursachen für Leinenaggression“ an.

Ziel: Dein Hund soll sich durch das Nein vom Hund abwenden und gedanklich an lockerer Leine bei dir bleiben.

Derzeitiges Ergebnis: Das Nein ist wirkungslos und du musst deinen Hund an straffer Leine bei dir halten, damit er nicht in Richtung des anderen Hundes springt.

 

Fazit deiner Liste

Nach Fertigstellung deiner Liste bewertest du jedes einzelne Kommando. Erkenne, welches Kommando deinen Hund wirklich ansprechbarer für dich macht und dich zum Ziel führt. Überprüfe, welches Kommando das Ziel verfehlt und deinen Hund unter Umständen sogar gefrustet oder noch aufgeregter werden lässt. Überdenke die Nutzung dieser Hundekommandos.

 

Hund erziehen – Mitdenken erwünscht!

Erfolg in der Hundeerziehung erreichst du nur, wenn dein Hund gelernt hat, dass er mit unerwünschtem Verhalten nicht zum Ziel kommt. Einen sehr aufgeregten Hund lassen Kommandos in der Regel noch aufgeregter werden. Lege dein Hauptaugenmerk darum auf einen selbstständig mitdenkenden Hund und minimiere aufgeregtes Verhalten wo immer es geht. Beachte dabei, was dein Hund aufgrund seines Alters, seines Temperamentes und seines Trainingsstandes überhaupt in der Lage ist zu leisten. Ein sehr aufgeregter Hund wird nicht innerhalb eines Tages tiefenentspannt. Arbeite dich auf der Aufregungsskala langsam Schritt für Schritt runter.

Zeige deinem Hund sinnvolle Grenzen auf, anhand denen er sich das richtige Verhalten selbstständig erarbeiten kann. Wie das geht verdeutliche ich jetzt anhand der eben genannten Beispiel-Situationen aus dem Alltag:

 

Anleinen im Flur 

Schon vor dem Anleinen unterbrichst du jegliche Unruhe sofort, indem du deinen Hund sanft mit der flachen Hand im Brustbereich ausbremst und dabei selbst innere Ruhe ausstrahlst. Alternativ hältst du deinen Hund sanft am Halsband fest, bis er sich entspannt und leinst ihn dann an. Nutze dabei kein Kommando! Der Hund soll eigenständig Lernerfahrungen machen können. Anfänglich reicht es aus, wenn dein Hund ein bis zwei Level weniger Aufregung als gewöhnlich zeigt. Ein sehr aufgeregter Hund wird nicht von 10 auf 0 herunterfahren. Mit der täglichen neuen Routine wird er sich automatisch immer schneller beruhigen.

 

Verlassen des Hauses

Sofern deine Handbewegung in Richtung Türklinke schon ausreicht, dass dein Hund sich nach vorne an die Tür drängelt, fordere dir sofort körpersprachlich Abstand von deinem Hund ein. Dafür gehst du ein bis zwei kontrollierte Schritte auf deinen Hund zu und verharrst dann in der Position, bis dein Hund eine abwartende Haltung zeigt. Dann wendest du dich erneut der Tür zu und öffnest sie. Macht dein Hund daraufhin ungefragt einen Schritt nach vorne, so lässt du eine weitere körpersprachliche Abstandserinnerung folgen. Sobald dein Hund in zweiter Reihe und an lockerer Leine an offener Tür abwartet, gehst du ohne Aufforderung los und dein Hund darf dir folgen.

 

Start in den Spaziergang

Gerade jungen Hunden fällt es am Anfang des Spazierganges oder auch in aufregenden Umgebungen schwer, an lockerer Leine zu laufen. Das Kommando Fuss ständig zu wiederholen bringt nichts außer Frust auf beiden Seiten. Nutze in noch zu schweren Situationen einen anderen Führpunkt, um dir die bisher erarbeitete Leinenführigkeit nicht kaputt zu machen. Im Beitrag 5 Gründe, warum dein Hund zieht! ist erklärt wie du unterschiedliche Führpunkte im Training einsetzt.

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Sicht eines Artgenossen

Ein Hund, der mit einem wirkungslosen Kommando Nein und straffer Leine vom Kontakt zum Artgenossen abgehalten wird, lernt nichts. Lernen kann dein Hund nur dann etwas, wenn er an lockerer Leine mit dir in Kontakt bleibt. Im Beitrag Stressfreie Hundebegegnungenbekommst du Tipps, um am unerwünschten Verhalten deines Hundes bei Sicht eines Artgenossen zu arbeiten.

 

Hund erziehen – FAZIT

Die meisten Alltagssituationen benötigen keine Kommandos, sondern lediglich sinnvolle Benimmregeln. Erst diese Benimmregeln werden deinen Hund erziehen, nachhaltig. Dadurch lernt dein Hund selbstständig mitzudenken und auf dich zu achten.

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2 Kommentare zu „Hund erziehen I Warum Kommandos nicht deinen Hund erziehen“

  1. Hallo liebe Melanie, zuerst einmal bin ich begeistert von Deiner Art der Erklärungen. Wie das so ist, stellt man sich auch diverse Fragen, ob das Erklärte auch Sinn macht. Z.B. Thema weniger Kommandos geben, Hund soll mitdenken. Prinzipiell gut, allerdings Frage ich mich: Beispiel von Dir: Anleihen vor dem Spaziegang. Nach erfolgreichem entspanntem warten, folgt Dir der Hund ohne weitere Aufforderung aus dem Haus. Ich habe gelernt, das der Hund Kommandos, ( bei deinem Beispiel bekommt er ja keines ) diese nicht selber auflösen darf. Für mich ist das Warten im Flur nach dem Anleinen aber schon ein stilles, selbsterarbeitetes Kommando für den Hund. Woher weiss er, das er mir folgen darf, oder ich alleine das Haus verlasse? Nur weil er an der Leine ist? Würde mich über eine Erklärung freuen.LG Marion

    1. Hallo liebe Marion, vielen Dank für deine Nachricht. Wir freuen uns natürlich, wenn Hundehalter wie du, sich wirklich Gedanken machen und lieber nochmal nachfragen. Zum Anleinen im Flur: Meistens ist es so, dass Hunde im Flur ein Kommando erhalten (z.B. Sitz…) und direkt nach dem Auflösen des Kommandos wieder in eine aufgeregte Anspannung fallen und den Besitzer vor die Tür ziehen. Das ist natürlich nicht zielführend, wenn man entspannt in den Spaziergang starten will. Amy hat z.B. gelernt, sich an Melanie zu orientieren, das bedeutet, sie benötigt keine Kommandos (auch nicht körpersprachlich), damit sie gemeinsam mit Melanie vor die Tür geht. Sollte sie dennoch einmal auf die Idee kommen selbständig vorzulaufen, erhält sie eine kleine körpersprachliche Korrektur, die sie wieder daran erinnert, dass es nur gemeinsam raus geht. Dieses bitte nicht mit einem Kommando verwechseln.
      Nutzt du ein Kommando, wenn du deinen Hund anleinst, solltest du dieses natürlich auflösen, bevor ihr das Haus verlasst 😉
      Ich hoffe, ich konnte dir etwas weiterhelfen. Viele Grüße Ines von DogsTV

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